ESSAY-BRIEF

Essay-Brief Oktober 2014  

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Liebe und Partnerschaft I. Teil

© Bernd Helge Fritsch

 

Liebe haben wollen oder Liebe sein

Das größte Hindernis für eine gelungene Partnerschaft besteht in der Erwartung, der andere sollte mir Liebe geben, der andere soll mich glücklich machen. Viele Menschen verwechseln eine Liebesbeziehung mit einem Ego-Trip. Sie hoffen von ihrem Partner dies und jenes zu bekommen. Meistens sind sie auch bereit zu geben, doch das macht die Beziehung eher zu einem Geschäft. „Ich gebe dir... und erwarte mir...“. Dementsprechend werden Ehen gerne mit Versprechungen und Verträgen abgesichert.

Sie wollen „haben“ und vergessen dabei auf das Wichtigste im Leben, nämlich darauf „hier und jetzt einfach zu sein“. Nur wenn wir uns dem „Sein“, dem Augenblick absichtslos, doch höchst achtsam hingeben, schaffen wir die Voraussetzungen um wahre Liebe und Glückseligkeit zu verwirklichen.

Wenn jemand eine erfüllte Beziehung leben will, so muss er sich entscheiden: Will ich „Liebe haben“ oder „Liebe sein“? Wer Liebe „haben“ will, lebt - meist unbewusst - mit der Sorge sie nicht in der gewünschten Art zu erlangen oder sie zu verlieren. Er fragt sich beispielsweise: „Liebt mich der andere genug? Liebt er auch jemand anderen? Warum verhält er sich nicht meinen Wünschen gemäß?“ Diese Sorgen führen dazu, dass sich entsprechende Probleme einstellen. Denn Gedanken sind, wie wir wissen – siehe meine Essay-Briefe zu diesem Thema – Kräfte, die sich verwirklichen.

Was Bedeutung hat, ist aus Liebe geboren

In den beiden letzten Essay-Briefen (Essay-Brief Aug./Sept. 2014 – Was ist Liebe?) habe ich ausführlich erklärt, dass die Quelle unseres Universums (auch universelles Bewusstsein oder Gott genannt) Liebe ist. Alles was Bedeutung hat ist aus ihr entstanden und nichts Wirkliches kann und wird jemals ohne sie existieren.

Man kann diese Wahrheit nicht beweisen, weil alle tieferen Wirklichkeiten mit dem dualen Verstand nicht fassbar sind. Nur mit einer kontemplativen Anschauungsweise können wir zu ihnen einen Zugang finden. Hilfreich auf diesem Weg ist es, wenn wir uns wiederholt die unendliche Schönheit und Vollkommenheit des Universums, unserer Erde, jedes Lebewesens, jedes Gefühls, jedes Denkvorganges und die Weisheit die dahinter steht, bewusst machen. Es genügt ein Gänseblümchen still zu betrachten, um sich für die höhere Wahrheit zu öffnen. Versuche einfach nur zu schauen, nichts wollen, nicht mit dem Denken in die Vergangenheit oder Zukunft abzuschweifen, einfach nur Eins zu sein mit dem was dir der Augenblick schenkt. Spüre in dich hinein, spüre deinen Atem, spüre die Glückseligkeit des Seins, deines Bewusstseins.

Die „Liebe“, aus der das Universum aufgebaut ist, sollte nicht mit romantischen Gefühlen, mit Anbetung von Dingen, Menschen oder Göttern, mit Begehren oder mit sonstigen Ego-Bedürfnissen, wie jemanden besitzen wollen oder Lob und Anerkennung bekommen wollen, nicht allein sein wollen... verwechselt werden. Universelle Liebe bedeutet Weisheit, Kreativität, Schönheit, All-Verbundenheit, Selbstlosigkeit und Bewusstheit.

Bedingungslose, ungeteilte Liebe

Unser ganzes Universum ist nur begreifbar, wenn wir erkennen, dass es aus grenzenloser Liebe geschaffen ist und auf diese Weise ständig neu erschaffen wird. Weil dies so ist, sind wir Menschen im Kern unseres Wesens bedingungslose, ungeteilte Liebe. Diese Liebe zu verwirklichen bedeutet, dass wir nicht das eine, was uns gefällt, lieben und das andere, was uns nicht gefällt, ablehnen, hassen und bekriegen. Sondern allen Erscheinungen, allen Menschen, ohne Vorurteile, verständnisvoll mit wachen Sinnen und offenen Herzen begegnen können.

Das Glück von „außen“ ist eine Illusion

Es gibt nur eine Art Liebe zu empfangen, nämlich Liebe zu sein. Man kann Liebe nicht „haben“ und man kann sie auch mit größter Mühe nicht „erlangen“. Deshalb ist es sinnlos die Liebe und das große Glück außerhalb von sich selbst zu suchen. Alle derartigen Bemühungen werden Schiffbruch erleiden und uns unglücklich machen.

Manche Menschen glauben Liebe sei eine Mangelware. Sie sehnen sich nach Liebe, sie meinen um Liebe zu erlangen, sich anstrengen zu müssen oder dass die „große Liebe“ ein besonderer Glücksfall, so ähnlich wie ein Hauptgewinn im Lotto, sei. Sie resignieren oft, weil ihre bisherigen Bemühungen Liebe und Glück „zu bekommen“, gescheitert sind.

Viele leiden weil sie in der Illusion leben, dass unser Lebens-Glück durch äußere Umstände zustande kommt oder dass wir andere Menschen benötigen, um tiefe Liebesgefühle zu erfahren. Vorübergehend mag es so aussehen, als ob irgendein Ereignis, wie das Erreichen eines ersehnten Ziels, ein beruflicher Erfolg oder die Verbindung mit einer Person, uns glücklich machen kann.

Doch bald wird sich herausstellen, wie vergänglich solche Glücks-Erfahrungen sind und wie sehr es weh tut, wenn diese wieder verschwinden. Denn das von außen kommende Glück und die von außen kommende Liebe können nicht einhalten, was sie in unserer Phantasie zu versprechen scheinen. Es gilt zu erkennen, dass vergängliches Glück nur ein schwacher Abglanz der in uns verborgenen Glückseligkeit ist.

Veränderung

Wenn du erkennst wer du bist und lebst was du bist, wirst du überall Schönheit, Weisheit und Vollkommenheit erkennen. Auf diese Weise wird sich das Glück in dir entfalten. Du erfährst die Liebe in dir und damit auch in jedem Windstoß, in jedem Sonnenstrahl, in jeder Wolke, jedem Baum, in allen Lebewesen, in allen Menschen. Du wirst so eins mit allem Sein.

Zuvor kämpfst du vergeblich darum die Welt, deine Umgebung, deine Lebensumstände so zu verändern und zu verbessern, in der Hoffnung dadurch anhaltend und tief glücklich zu werden. Wirksame Veränderung erfolgt nur durch innere Verwandlung. Sie bedarf einer Befreiung vom ständigen „Wollen“ des Egos. Erst wenn wir nichts mehr wollen, erschließt sich für uns die Vollkommenheit alles Seins. Es ist unser ständiges „Ich, Ich, Ich – Denken“, „Ich will das und das und das nicht!“ „Ich mache mir Sorgen wegen!“ „Ich bin so arm weil...!“ was wahre Liebe verhindert.

Sich selbst begegnen

Die meisten Menschen haben den Bezug zu ihrem Ursprung verloren. Deshalb glauben sie Liebe erlangen und besitzen zu können. Doch hinter allem Verlangen, dem Suchen und den Erwartungen der Menschen ist die tiefe Sehnsucht verborgen, sich selbst zu begegnen. Wir suchen unbewusst, in einer Partner-Beziehung, im beruflichen und sonstigen Erfolg, in Besitztum, in Lob und Anerkennung nach dem, was wir wirklich sind. Diese Suche im Außen bringt keine Befriedigung unserer wahren Sehnsucht, keine anhaltende Glückseligkeit. Sie verursacht meist nur sinnlose Anstrengung, Stress, Enttäuschung und Depression.

Solange wir uns nicht selbst finden, verfolgt uns in der Seelentiefe, meist unbewusst, ein Gefühl von Mangel, der unseren Alltag und unsere Beziehungen zum Partner und zu anderen Menschen belastet.

Identifikation mit dem Vergänglichen

Die Sehnsucht danach sich selbst zu erkennen, sich selbst zu verwirklichen, führt grotesker Weise vorerst zur Abkehr von sich selbst. Aus dem unbewussten Bedürfnis sich selbst zu finden, resultiert das Verlangen „etwas zu sein“. Deshalb identifiziert sich der Mensch mit äußeren vergänglichen Erscheinungen. Wir identifizieren uns mit unserem Körper, unseren Gedanken und Gefühlen, mit unserer Herkunft, mit dem Partner, den wir zu haben vermeinen und mit unserer Familie. Wir identifizieren uns mit Status-Symbolen, wie Autos, Haus, dem neuesten Handy, modischer Kleidung oder mit dem Urlaub auf einem Luxusschiff. Wir identifizieren uns mit den Rollen, die wir im Leben zu spielen haben.

Etwas „Fortgeschrittene“ identifizieren sich mit ihrem Wissen, mit besonderen Fähigkeiten oder mit ihrer spirituellen Weisheit. Doch all diese Dinge und Fähigkeiten schaffen keinen inneren Frieden, keine Befreiung von Mühe und Sorgen. All diese „Geschichten“ sind wir nicht. Sie haben nichts mit unserem göttlichen, ewigem Wesenskern zu tun. Wir werden sie auf Grund der Vergänglichkeit aller Erscheinungen früher oder später loslassen müssen. Solange wir an ihnen hängen, wird das loslassen sehr schmerzhaft sein und uns so vorkommen als ob ein Teil von uns selbst vernichtet wird.

Unser Seelengrund

Was niemals stirbt, ist unser Wesenskern unser „Seelengrund“, wie ihn Meister Eckehart nennt. Du kannst dir nur begegnen, wenn du jede Identifikation beendest, wenn du stille wirst und deine Aufmerksamkeit nach innen lenkst. Auf diese Weise gewinnst du Abstand von dem was du glaubst zu sein. Beobachte womit du dich identifizierst und du wirst erkennen: „Das alles bin nicht ich!“ So findet jedes Begehren und Suchen sein Ende. Was übrig bleibt ist das unbeschreibliche „Selbst“. Mit dieser Erfahrung verbunden stellt sich das tiefe, anhaltende Glück des Angekommen-Seins, des „Nichts-mehr-Erreichen-Müssen“ ein und du bist frei.

Erwartungen – den anderen „verbessern“ wollen

Alle Erwartungen an das Verhalten des Partners entspringen im Grunde der Meinung, dass dieser für unser Glück verantwortlich sei. Erwartungen an den Partner sind vorprogrammierte Enttäuschungen. Erwartungen verschütten die Liebe. Wer vom anderen erwartet, dass er sich so verhält, wie dies seinen Wünschen entspricht, liebt nicht den andern, wie er ist, sondern seine vom Ego bestimmten Vorstellungen wie der andere zu sein hat.

In der Folge wird oft versucht den Partner nach den eigenen Wünschen zu „verbessern“, was stets misslingen wird. Häufig arten solche Belehrungs- und Erziehungs- Versuche aus in Nörgelei und Kritiksucht.

Was mich stört ist mein Problem

Gewöhnlich stecken hinter den vermeintlichen oder auch tatsächlichen „Fehlern, Schwächen und Mängeln“ des Partners die eigenen Schwächen, die wir nicht sehen  wollen und nicht ertragen können. Daher werden sie unbewusst auf den andern projiziert. Und es gilt die alte Weisheit: „Was mich stört, ist mein Problem“.

Was mich stört und verärgert ist in der Regel mein eigenes Ego welches sich im Ego-Verhalten des anderen spiegelt. Beobachte daher sorgfältig und liebevoll dich selbst, wenn Ärger oder Widerstand in dir hochsteigen und mache dir bewusst: „Das ist mein Ego! Das bin nicht ich! Ich bin reines Bewusstsein! Ich bin grenzenlose Liebe!“

Schwächen des Partners, die nicht eigenen Schwächen entsprechen, lassen uns nicht emotional reagieren. Wir können sie neutral und liebevoll erkennen und dementsprechend gelassen darauf antworten.

Liebe will nichts verändern

Wenn jemand seinen Partner nicht so annehmen und lieben kann, wie er ist, entstehen zwangsläufig Unzufriedenheit, Ärger, Frust, Abneigung, Distanz, Entfremdung, Schuldzuweisung, Selbstbedauern, Streit, Stress und Depressionen. Wie können in so einer Beziehung Harmonie, Frieden und Freude gedeihen?

Wie Kati Byron spricht:

„Liebe will nichts verändern. Sie hat bereits alles, was sie will. Sie ist bereits alles, was sie will und wie sie es will.“

„Wenn Sie meinen, Ihr Partner sollte anders sein, als er ist, lieben Sie ihn nicht. Dann lieben Sie den Menschen, der er sein wird, wenn Sie damit fertig sind, ihn zu manipulieren. Dann bleibt er austauschbar, bis er dem Bild entspricht, das Sie von ihm haben.“

 

Partner-Liebe bedeutet den anderen so annehmen zu können, wie wir den Blumen auf einer Wiese begegnen. Wir verlangen nichts von ihnen. Wir akzeptieren und lieben sie ob groß oder klein, gleich welche Farbe sie haben. Gegenüber der Natur fällt es uns leicht unser Ego zu vergessen und Liebe zu sein, weil die nichtmenschliche Natur kein Ego kennt und so unser Ego nicht widerspiegelt.

Reif sein für eine beglückende Partnerschaft

Wenn uns bewusst wird, dass wir Liebe SIND, so benötigen wir niemand, der unsere Liebe empfängt oder erwidert. Wenn jemand auf unsere Liebe antwortet, so ist dies wunderbar, doch wir sind ebenso glücklich, wenn dies gerade nicht der Fall ist. In der Regel wird sich unsere ganze Umwelt erstaunlich verzaubern und Liebe reflektieren, wenn wir selbst in der Liebe sind.

Reif für eine beglückende Partnerschaft sind wir erst dann, wenn wir unabhängig von anderen Personen, unabhängig von der Zuneigung, von Lob und Anerkennung seitens anderer Personen, vereint mit uns selbst, zufrieden und glücklich leben können. Das ist möglich mit und ohne Partner. Dann sind wir niemals „einsam“ oder „verlassen“, sondern wir genießen es gelegentlich „all-ein“ und dabei „all-ein-s“ zu sein.

Im nächsten Essay-Brief „Liebe und Partnerschaft Teil II“ sprechen wir über „die Entscheidung glücklich zu sein“, darüber wie man „Liebe sein kann“, über „Klammern und Loslassen“, über „das Wirken des Schicksals in Partnerschaften“ und vieles mehr.

 

Mit herzlichem Gruß

Bernd

 

P.S.:

Unser Seminar „Erfüllung in der Liebe – mit und ohne Partnerschaft“ findet vom 10. bis 12. Okt. 2014 im Schloß Krastowitz bei Klagenfurt/Kärnten/Österreich satt.

Vom Freitag den 31. Okt. bis Sonntag den 02. Nov. 2014 findet unser Seminar „Leben ohne Grenzen – aus der Sicht der Bhagavad-Gita“ am Mondsee/Salzburg/Österreich statt.

Nähere Infos zu den Seminaren findest du auf unserer Homepage: www.berndhelgefritsch.com